RealityMaps

AlpSenseRely

AlpSenseRely

Frühwarnsysteme für alpine Gefahren im Klimawandel

Das Projekt AlpSenseRely widmet sich der Entwicklung innovativer Monitoring- und Visualisierungslösungen zur frühzeitigen Erkennung klimabedingter Naturgefahren im Alpenraum. In fünf ausgewählten Testregionen der Ostalpen zwischen 2000 und 3000 m Höhe werden gefährdete Hänge, Gletscherbereiche und Infrastrukturen kontinuierlich überwacht. 3D RealityMaps übernimmt dabei die Analyse zeitlich hochaufgelöster Luft- und Drohnenbilddaten sowie die Erstellung präziser Geländemodelle. Ergänzt wird dies durch ein webbasiertes Geoinformationssystem (WebGIS) und eine interaktive 3D-Visualisierung, die in nahezu Echtzeit entscheidungsrelevante Informationen für Behörden, Gemeinden und weitere Akteure bereitstellt. Ziel ist es, Risiken frühzeitig zu erkennen und Schäden präventiv zu minimieren.

Problem

Alpine Naturgefahren im Zusammenhang mit dem Klimawandel stellen eine erhebliche Bedrohung für alpine Gemeinden, Infrastruktur, Bewohner, Touristen und die lokale Wirtschaft dar. Die Fähigkeit, mit ihnen umzugehen und sich vor ihnen zu schützen, ist eine zentrale Herausforderung für alpine Gemeinden und andere Stakeholder in der nahen Zukunft.

Projektziel

AlpSenseRely soll einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung von Risiken und aufgrund des präventiven Charakters zur Reduktion von Schäden und damit verbunden Kosten leisten. AlpSenseRely fokussiert sich auf ein Real-Time Monitoring von kritischen Objekten in dicht besiedelten Gebieten der Alpen.

Durchführung

Es wurden fünf repräsentative Testregionen im kritischen Bereich der Ostalpen zwischen 2000-3000 m Höhe ausgewählt, da hier die Auswirkungen des Klimawandels am deutlichsten sind. Der Anstieg der Permafrostgrenze und der starke Rückzug von Gletschern führt häufig zu Steinschlag und Hangrutschungen, die die lokale Bevölkerung und die touristische Infrastruktur gefährden.

Im Verbundprojekt ist 3D RealityMaps für die multi-temporale Analyse von sehr hoch aufgelösten Luft- und Drohnenbildern und Geländemodellen verantwortlich. Weiter entwickelt 3D RealityMaps ein Near Real-Time WebGIS und eine 3D-Visualisierungssoftware für die Analyse und webbasierte Darstellung für den optimalen Informationstransfer mit den beteiligten Anwendern.

Multiskaliges Monitoring am Hochvogel

Der Hochvogel (2.592 m) in den Allgäuer Hochalpen an der deutsch-österreichischen Grenze ist seit 2014 aufgrund akuter Steinschlaggefahr von der österreichischen Seite gesperrt. Ein markanter Bruch am Gipfel wird durch ein von TUM-Landslides entwickeltes Frühwarnsystem überwacht, das mithilfe drahtloser Sensoren in Echtzeit die Rissbewegungen misst. Ein möglicher Gipfelkollaps könnte gravierende Auswirkungen auf die umliegenden Täler haben, etwa durch verstärkte Sedimentproduktion und Murgänge. Um diese Prozesse besser zu verstehen, führt RealityMaps seit 2009 regelmäßig hochauflösende UAV-Vermessungen am Gipfel durch. Mithilfe photogrammetrischer Auswertung dieser Bilddaten können Höhenmodelle berechnet, Geländeänderungen dokumentiert und kleine Felsstürze entlang des Südwesthangs identifiziert werden. So lassen sich Spannungszonen erkennen, die auf bevorstehende größere Abbrüche hindeuten könnten. Diese Erkenntnisse dienen der Verbesserung des bestehenden Frühwarnsystems und helfen bei der gezielten Platzierung neuer Messinstrumente.

Erdrutsch am Hechendorfer Berg

Der Erdrutsch am Nordhang des Hechendorfer Bergs ist die größte Massenbewegung in Deutschland, die bei der Reaktivierung im Jahr 2016 fast 1 Mio. m³ im angrenzenden Wald unterhalb des Erdrutsches und im angrenzenden Murnauer Moos abgelagert hat.

Der Beginn der Bewegung lässt sich zeitlich nicht exakt einordnen, aber alte Dokumente berichten von kleinen Hangbewegungen in 1939/1940. Mündliche Aussagen von Gemeindemitgliedern und Anwohnern besagen, dass am Hechendorfer Berg im letzten Jahrhundert erhebliche Hangbewegungsaktivitäten beobachtet wurden. Die letzte Reaktivierung im vergangenen Jahrzehnt begann im Mai 2015, als ein Murgang die Verbindungsstraße Grafenaschau-Eschenlohe erreichte.

Zugspitze – Gletscherrückgang und Schneehöhen

Seit 2009 analysieren wir mithilfe photogrammetrischer Verfahren Zeitreihen hochauflösender Luftbilder, um die Veränderungen der Gletscher Schneeferner und Höllentalferner an der Zugspitze zu dokumentieren. Die Ergebnisse zeigen einen dramatischen Volumenverlust: Der Schneeferner verlor rund 2,9 Mio. m³, der Höllentalferner über 2,7 Mio. m³ innerhalb von zehn Jahren. Dabei reichen die Höhenverluste bis zu 41 m. Ergänzt durch Messflüge mit einem solarelektrischen Ultraleichtflugzeug erfassen wir auch saisonale Schneeveränderungen und Hanginstabilitäten. Diese kontinuierliche Überwachung liefert wichtige Erkenntnisse über den Einfluss des Gletscherrückgangs auf die alpine Wasserversorgung und verdeutlicht den Temperaturanstieg in Hochgebirgsregionen. Das Monitoringprogramm läuft bis 2024 und liefert wertvolle Daten zum Landschaftswandel rund um die Zugspitze.

Gletschermonitoring in den Zillertaler Alpen

In den Zillertaler Alpen lassen sich verschiedene Formen von Hanginstabilitäten beobachten. Der Rückzug der Gletscher führt dazu, dass Moränenablagerungen ihre stützende Eisauflage verlieren. Gleichzeitig beschleunigt das Auftauen des Permafrosts Prozesse wie Schutt- und Lössströme.

Zusätzlich sorgt die erhöhte Schmelzwasserrate für eine größere Wasserverfügbarkeit in den Flusssystemen. Das mobilisierte Sediment erhöht die Erosionskraft der Gewässer, was zur Instabilität von Flussufern und in weiterer Folge zu Erdrutschen führen kann.

Gletschermonitoring in den Ötztaler Alpen

Am Vernagtferner in den Ötztaler Alpen läuft bis 2024 ein skalenübergreifendes Monitoringprogramm in Kooperation mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Mithilfe von Luftbild-Zeitreihen seit 2009 und in-situ-Messungen werden Massenbilanz, Schneeverlust, Gletscherauslauf und Temperaturänderungen analysiert.

Der rasche Gletscherrückgang bringt neue Landschaftsformen wie periglaziale Seen hervor, die potenzielle Überschwemmungsgefahren bergen. Daher wird die Entstehung dieser Seen mit verschiedenen Fernerkundungstechniken kontinuierlich überwacht. Zusätzlich zeigt die Analyse von Höhenmodellen seit 2019 eine zunehmende Instabilität des umgebenden Moränenmaterials.

Das Projekt AlpSenseRely wird für einen Zeitraum von 3 Jahren durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert.

Partner in dem Verbundprojekt sind das GeoBio-Center und das Department für Geo- und Umweltwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt und die Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie der Technischen Universität München (TUM) sowie die Bayerische Akademie der Wissenschaften mit dem Institut für Erdmessung und Glaziologie.